Wer altersbedingt schlecht hört, hat ein erhöhtes Risiko für Gedächtnisschwund und Demenz, das ist bekannt. Neurowissenschaftler der Universität Bochum wollten wissen, warum das so ist. Sie untersuchten Mäuse, deren anfangs funktionierendes Hörvermögen ähnlich wie bei einer Altersschwerhörigkeit im Laufe ihrer Lebenszeit nachgelassen hat.
Die Forscher stellten fest, dass sich die Zusammensetzung und Dichte einer speziellen Hirnregion, die sehr wichtig für die Ausbildung des Gedächtnisses ist, bei Tieren mit einem reduzierten Hörvermögen verändert hatte. Bei den Tieren ohne zunehmenden Verlust des Gehörs war dieser sogenannte Hippocampus sehr viel vorteilhafter ausgebildet und bot wichtigen Botenstoffen günstigere Rezeptoren.
Bei ihnen konnten die wichtigen Reize zwischen den zahlreichen Nervenzellen für eine ausgeprägte und gesunde Hirnleistung somit besser übertragen werden als bei den schwerhörigen Artgenossen. Je besser der Hippocampus vor diesem Hintergrund aufgebaut und ausgestattet ist, desto leichter gelingt es dem Gehirn, auf die Reize zu reagieren und das Gedächtnis sowie die dazugehörige Merkfähigkeit abzubilden. Die Übertragung wichtiger Informations- und Reizübertragungsprozesse im Gehirn laufen besser ab und werden erfolgreicher abgespeichert.
Vor dem Hintergrund dieses Studienergebnisses betonen die Wissenschaftler, wie wichtig es ist, Hörverluste unbedingt durch das Tragen von Hörgeräten auszugleichen, auch deshalb, weil das Gehirn ansonsten verlernt, entsprechend ausbleibende Hörfrequenzen angemessen zu verarbeiten. Ein solcher Verlust kann durch das zu späte Tragen einer Hörhilfe nicht wiedererlangt werden.
Die Tatsache, dass lediglich etwa 37 % der Menschen mit Hörbeeinträchtigungen ein Hörgerät tragen, bereitet vielen Ärzten nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Studie große Sorgen und dürfte auch ein Grund für die steigende Anzahl von Demenzkranken im Alter sein.
Beckmann, D. et al:
Hippocampal synaptic plasticity, spatial memory, and neurotransmitter receptor expression are profoundly altered by gradual loss of hearing ability
Cerebral Cortex, online first 3/2020